Baltische Wikinger / Kurenwikinger

In der zeitgenössischen Wahrnehmung stellten die Wikinger nur einen kleinen Teil der skandinavischen Bevölkerung dar. Dabei können zwei Gruppen unterschieden werden: Die einen betrieben den ufernahen Raub zeitweise und in einem frühen Lebensabschnitt. Es waren junge Männer, die aus der heimatlichen Gebundenheit ausbrachen und Ruhm, Reichtum und Abenteuer in der Ferne suchten. Später ließen sie sich wie ihre Vorfahren nieder und betrieben die in ihrer Gegend übliche Wirtschaft. Von ihnen berichten die Sagas (Altnordische Literatur) und die Runensteine. Für die anderen wurde der ufernahe Raub zum Lebensinhalt. Ihnen begegnet man in den fränkischen und angelsächsischen Annalen und Chroniken. Sie kehrten bald nicht mehr in ihre Heimat zurück und waren in die heimatliche Gesellschaft nicht mehr integrierbar. (Quelle: Wikipedia)

Weitgehend unbekannt sind die „baltischen Wikinger„, da man normalerweise von den nordischen Wikingern (Dänen, Norweger, Schweden) spricht. Doch auch die Kuren im Baltikum gingen in der Hochzeit der Wikinger (800-1100 n.Chr) auf Beutezug. Vornehmlich aber im nahen Ostseeraum. So raubten sie die Bevölkerung der Dänen oder Schweden aus, während deren Männer als Wikinger weltweit tätig waren.
Um 1070 erwähnte Adam von Bremen die Kuren. Seit dem 11. Jahrhundert wurde über Beutezüge der Kuren an die Küsten Skandinaviens berichtet. So musste Dänemark seine Küsten sommers wie winters schützen. Adam riet allen Christen, die kurländische Küste zu meiden.

Originalnachbau eines Wikingerschiffs

Wikinger stießen über die Weichsel und Memel tief ins Landesinnere bis Rußland vor. Über die Düna in Lettland erreichten sie sogar das schwarze Meer, Griechenland und andere Länder im Orient.

In der mittleren Eisenzeit, der Zeit zwischen dem 5. und. 9. Jh., veränderten sich die Lebensbedingungen der baltischen Stämme, denn von Osten und Süden her wurden sie durch die Expansion der Slawen unter Druck gesetzt, und von der Ostsee drängten Schweden und Wikinger ins Land. Die prußischen und kurischen Stämme spielten während dieser Periode die führende verteidigende Rolle unter den Baltenstämmen.
Kurische und prußische Siedlungen sind an der Art ihrer Bestattungen unterscheidbar: Die Prußen äscherten ihre Toten ein, während die Kuren ihre für sie typischen Körpergräber bis ins 7. Jahrhundert beibehielten. Sie gebrauchten immer noch Steinwälle, inmitten derer die Gräber wabenförmig nebeneinander lagen. Erst ab dem späten 7. Jahrhundert und dem 8. Jahrhundert wurde die Einäscherung übernommen. Dass die Kuren sich gegen skandinavische Einfälle wehren mussten, belegen Grabbeigaben. (Quelle: GenWiki, Wikipedia)

An der kurischen Nehrung (braues Wasser wegen großer Torfvorkommen)

Der Kontakt mit ihren Feinden scheint sich auch auf das Verhalten der Kuren abgefärbt zu haben, denn zwischen dem 11. und. 13. Jh. hatten sie sich zu den „Wikingern unter den Balten“ entwickelt. Obwohl sehr reich, machten sie sich wagemutig auf Beutezüge. So musste Dänemark seine Küsten sommers wie winters schützen. In einem überlieferten Gebet heißt es: „O mächtiger Gott, bewahre uns vor den Kuren.“ Chroniken des 13. Jh. berichten, dass Kuren mehrmals Dänemark und Schweden verheerten, plünderten, Kirchenglocken und anderes Gerät mitschleppten. Adam von Bremen riet allen Christen, die kurländische Küste zu meiden. Kurische Geräte, wie sie typisch für die Gegend von Memel und Krottingen sind, wurden auch in Skandinavien gefunden. Wikingerstützpunkte gab es im Kurischen Haff, so zum Beispiel das Wikinn Werder an der Atmath, nördlich von Warruß in der Nähe der Windenburger Ecke.

Bereits im 10. und 11. Jh. zog das reiche Kurland, das einen außerordentlichen kulturellen Aufschwung genommen hatte, beutegierige Wikinger, Schweden, Dänen und sogar Isländer an. Diese wurden aber recht häufig von den Kuren in eine Falle gelockt und im Gegenzug an deren Küsten ausgeplündert. Sogar die isländische Egilsaga beschreibt Einzelheiten aus dem Leben eines kurischen Feudalherren. (Quelle: GenWiki)

Typische Bekleidung der Balten und Wikinger

Nordische Wikinger glaubten an ihre Götter wie Odin, Thor oder Loki, wie allgmein bekannt. Die Kuren hatten aber ihre eigenen Götter, die von Lettland her mitgebracht wurden. Die wichtigsten waren

Saule, die Sonnengöttin
Dievs, der Himmelsgott
Menes, der Mondgott
Perkun, der Donnergott
Zemes oder Zemyna, die Erdgöttin, Tochter von Saule und Menes.
Dieva deli, (2-5) Söhne von Dievs
Laima, die Schicksalsgöttin
Patollos, der Todesgott

Lauma, langhaarige, nackte Feenwesen
Ragana, die Hexen
Puschkait, Trolle und Kobolde die Glück bringen

Feueropfer für die baltischen Götter

Bei den Kuren hielt sich die baltische heidnische Religion bis in die Neuzeit (siehe Baltische Mythologie). Auf dem alten Friedhof von Nidden gibt es noch Grabstelen mit heidnischen Symbolen, deren hölzerne Grabmarkierung grundsätzlich die Gestalt einer Kröte hatte, das Symbol für die Erdgöttin und ihre lebensspendenden Kräfte. „Groß war ihr Aberglaube“, schreiben mehrere Chronisten, und tatsächlich hatte sich der alte heidnische Glaube bis in das 20. Jh. erhalten und wurde zumindest bei Familienfeiern und im Brauchtum noch praktiziert, und es gab unzählige Seher, Wahrsager, Besprecher, Heilmittelhersteller und Quacksalber.

Ansonsten lebten die Kuren hauptsächlich vom Fischfang, Jagd und Landwirtschaft. Die Raubzüge waren nicht der Haupterwerb. Mit dem Ende der nordischen Wikinger endete auch die Zeit der baltischen Wikinger und Ruhe kehrte wieder in das Land ein. Das Gebiet um die kurische Nehrung blieb weitgehend dünn besiedelt, obwohl sich langsam auch größere Orte und Städte an Kreuzungspunkten bildeten. Die Christianisierung vollzog sich über das ganze Land, aber die Kuren blieben weitgehend ein Volk mit eigenen Mythen für sich – bis ins 20. Jahrundert.

Küstenstadt im 12. Jahrhundert in Lettland. Vielleicht die Anfänge von Riga…?

Beweise für die baltischen Wikinger gibt es in Museen von Dänemark, Schweden, Lettland und natürlich Litauen. Die Belege sind hauptsächlich Ausgrabungen mit Grabbeilagen aus Handelsbeziehungen oder Beutestücke. Da es sich um eine relativ kleine Gruppe handelte, die auch nur in der Ostsee ihre Wirkungsstätte hatte, sind sie natürlich nicht so bekannt wie die weltweit gereisten Nordmänner. Nichtsdestotrotz waren sie für die Anrainerstaaten damals genauso gefährlich wie die nordischen Wikinger.

Baltische Wikinger am kurischen Haff

Die Wikinger waren der Schrecken der Meere und Menschen am Wasser – die Kuren waren der Schrecken der Wikinger!